Über die Gelbbauchunke habe ich einmal (bei Gollmann & Gollmann) gelesen, dass sie ein sehr starkes Immunsystem habe. Das ist wohl mit ein Grund für ihre ungewöhnliche Langlebigkeit (selbst in der Natur über 30 Jahre, wie es in einem Fachartikel zur Langlebigkeit und der Wirksamkeit des Immunsystems von Gelbbauchunken bei Plytycz, Jozkowicz, Chadzinska & Bigaj im - leider inzwischen vergriffenen - "Naturschutzreport" von 1996, Band 11(1): S. 77-84, heißt), obwohl sie doch vegatationsarme und besonnte Kleingewässer bevorzugt, in denen die Wasserqualität eben deshalb auch einmal schlecht sein kann.
Ob eine vergleichbare Robustheit auch für die chinesische Rotbauchunke zutrifft, weiß ich nicht genau. Ich habe aber die Widerstandskraft meiner Rotbauchunken zweimal unabsichtlich auf die Probe gestellt - und war über das Ergebnis dann sehr überrascht (und erfreut).
Im einen Fall hatte ich das Aufenthaltsbecken der Unken nach einer Undichtigkeit ausräumen und reparieren müssen, weshalb die Unken in einem Plastikbecken auf dem Balkon unserer Bürowohnung abgestellt waren. Als ich die Tiere wieder zurücksetzen wollte, musste ich zu meinem Erschrecken feststellen, dass zwei Unken fehlten! Es war ihnen irgendwie gelungen auszubrechen. Meine sofortige Suchaktion auf dem 10qm großen und übersichtlichen Balkon verlief zu meiner Enttäuschung negativ. Natürlich lief ich gleich hinunter in den Hof, machte mir aber wenig Hoffnung, dort unten irgendwo eine der beiden Unken noch wiederzufinden. Außer der teilweise aus grobem Kies bestehenden Fläche, die dort nach einer 5cm großen und dunklen Amphibie abgesucht werden musste, was schon fast der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen gleichkommt, war ich auch wegen der Fallhöhe pessimistisch. Unser Büro lag im ersten Stockwerk eines Altbaus, dessen Deckenhöhe im Erdgeschoss locker über 3,50m reichte, so dass es vom Balkon nach unten mindestens 4,50m waren!
Ich fand dann zwei Tage später zu meiner großen Überraschung und Freude wenigstens eine der beiden Unken unter dem Türblatt der Hoftür gekauert, als hätte sie wieder zurück ins Haus gewollt. Als ich sie ins Terrarium zurück setzte, war sie innerhalb weniger Minuten wieder genauso aktiv und munter wie die verbliebenen Unken. Sie hatte den Sturz vom Balkon also offensichtlich ohne irgendeinen Schaden überstanden. Die andere Unke blieb leider verschollen.
Auch in dem anderen Fall stand der Ausbruch eines Tieres am Anfang der Probe ihrer Widerstandskraft. Bei dem als "Laichgewässer" benutzten Terrarium in unserem Wintergarten hatte ich offensichtlich nach dem Hantieren nicht sorgfältig aufgepasst und die Schiebetüren nicht akkurat verschlossen. So war es einer Unke leider gelungen zu entweichen. Als ich sie irgendwann später im Wintergarten entdeckte, war ich sehr erschrocken und bekümmert, denn die gefundene Unke ähnelte eher einem verwelkten Blatt als einem Tier. Sie schien bereits vertrocknet und verendet. Irgendetwas in mir sagte mir jedoch, dass vielleicht doch noch ein kleiner Funken Leben in dieser Unke stecken könnte, und so legte ich die regungslose, starre Unke nicht in den Müll, sondern in einen abgedeckten Becher. Dieser war am Boden 3mm hoch mit Wasser gefüllt: genug, um in dem Tier etwaige Lebensgeister wachzurufen, aber nicht so viel, dass eine kaum bewegungsfähige Unke am Ende noch ertrinken würde. Nach einer Weile jedenfalls schien mir die Unke vom Volumen her etwas zugenommen zu haben, auch meinte ich, mehr Leben in den Augen zu entdecken. Und eine halbe Stunden später war dann alles klar: die Unke lebte noch und fing wieder an, sich zu bewegen! Auch sie konnte am Ende wieder in die Gruppe der anderen Unken zurückkehren und ist viel später zusammen mit den Geschwistern an einen neuen Halter abgegeben worden, hat also diesen beinahe tödlich verlaufenen Ausflug in unseren Wintergarten am Ende auch folgenlos überlebt.
Die Moral von der Geschichte ist natürlich nicht, dass man es bei der Haltung von Unken nicht so genau nehmen muss, weil sie "hart im Nehmen" sind. Im Gegenteil, meine beiden Beispiele zeigen, dass Unachtsamkeit gegenüber dem möglichen Ausbrechen der Tiere wohl deren größtes Risiko ist.
Dass sie aber hart im Nehmen sind, zeigen meine Geschichten eben auch. Und gegenüber Infektionen (durch mangelnde Hygiene usw.) scheinen sie von Natur aus sogar viel besser gefeit. Tatsächlich habe ich im Rückblick - verglichen mit anderen Amphibien (und erst recht im Vergleich zu den karibischen Kleinleguanen, die ich viele Jahre gehalten habe) - mit meinen Unken extrem wenig Scherereien im Sinne von Krankheiten oder gar Verlusten gehabt. Das gilt sowohl für die Gelbbauchunke als auch für die chinesische Rotbauchunke.
Bei beiden Unkenarten waren die jungen Landgänger, also Unken im ersten Jahr nach der Metamorphose, die einzigen kritischen Kandidaten. Bei ihnen ist es also durchaus einmal zu Ausfällen gekommen. Das entspricht wohl auch den Bedingungen in der Natur (und wird von Gollmannn & Gollmann für die Gelbbauchunke unter anderem darauf zurückgeführt, dass bei diesen gerade erst umgewandelten Jungtieren die Hautgifte und Warnfarben noch nicht ausgebildet sind, so dass der Schutz vor Beutegreifern noch nicht so gut ausgebildet ist).