In einem früheren Beitrag hatte ich das Thema der "Exoten" in Privathand bereits aufgegriffen (siehe hier). Ich hatte darin deutlich gemacht, dass in der aktuellen Debatte über die Restriktion oder gar das Verbot der Haltung von "Exoten" in Privathaushalten die Gesichtspunkte des Artenschutzes und des Tierschutzes nicht klar genug voneinander getrennt würden. Dort hatte ich auch die Ansicht vertreten und an Beispielen begründet, dass unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes die Terraristik zu Unrecht ins Zwielicht geraten sei. Denn die Bedrohung der in Terrarien gehaltenen Tierarten kommt primär durch andere (auch vom Menschen gemachte) Einflüsse zustande als durch die Terraristik.
Aber wie steht es um den Tierschutz? Stellt die Terraristik aufgrund der "exotischen" Tiere per se eine Gefahr für diese Tiere dar in dem Sinne, dass aus Gründen des Tierschutzes besser gar keine Terraristik betrieben werden sollte? Der nachfolgende Beitrag will einen Vorschlag in die Diskussion bringen, der am Tierschutz/Tierwohl und nicht am Artenschutz ansetzt.

Mit der fragwürdig erscheinenden Kennzeichnung unserer Haustiere als "Exoten", auch wenn diese vielleicht nicht aus fernen (exotischen) Ländern stammen mögen, sondern womöglich vor unserer Haustüre leben, wird meiner Ansicht nach insofern etwas Wahres angesprochen, als es sich bei den allermeisten Terrarientieren - und hier insbesondere bei den Amphibien - um Lebewesen handelt, die spezifische Ansprüche an ihr Lebensmilieu haben, die im Haushalt nicht von sich aus vorhanden sind oder einfach angeboten werden können. Ohne die angemessene Beachtung dieser Milieubedingungen leidet das Tier unweigerlich, mindestens aber wird das Tierwohl eingeschränkt.
Während die im weiteren Sinne politisch (bzw. ideologisch) motivierten Tierrechteverfechter suggerieren, dass Terrarientiere per se nicht angemessen gehalten werden können und deshalb dieses Hobby unterbunden werden sollte, geht der Gesetzgeber (bislang) davon aus, dass auch "Exoten" in Privathaushalten gehalten werden können. Er sieht aber besondere Schutzvorkehrungen für Tierarten vor, die nach der Washingtoner Artenschutzvereinbarung als schutzwürdig und gefährdet gelten. Für diese Tierarten gilt eine grundsätzliche Meldepflicht.
Was hat Meldepflicht mit Tierschutz zu tun?
Die Frage ist berechtigt, denn es ist keineswegs so, dass die Anmeldung von meldepflichtigen Tieren auch dazu führen würde, dass früher oder später eine behördliche Kontrolle stattfindet, ob denn diese Tiere auch angemessen untergebracht sind. Ich habe aber in einem früheren Beitrag zu einheimischen Unken bereits angedeutet, dass die Meldepflicht dennoch eine den Tierschutz befördernde Wirkung entfaltet. Denn die mit der behördlichen Anmeldung einhergehende "Öffentlichkeit" des Besitzes von besonderen Haustieren (so könnte man den Begriff der "Exoten" ja vielleicht auch übersetzen) schreckt nach meiner persönlichen Erfahrung durchaus den einen oder anderen Halter davon ab, aus einer Laune heraus Tiere zu kaufen, also leichtfertig in deren Besitz zu gelangen - was im Zweifel immer das jeweilige Tier auszubaden oder gar mit dem Leben zu bezahlen hat.
Da ich während meiner Jugendzeit selbst im Zoo-Einzelhandel gearbeitet habe, weiß ich nur zu gut, wovon ich spreche. Denn es gibt leider allzu viele Menschen, die "Exoten" aus einer Laune heraus kaufen, als wären es exotische Früchten beim Obsthändler auf dem Markt. Nur mit dem Unterschied, dass aus solchen unreflektierten Käufen dann unweigerlich mindestens das Risiko einer Fehlunterbringung resultiert. Und wenn ich mir anschaue, was für Fragen heutzutage mitunter in den einschlägigen Foren gestellt werden, dann sehe ich, dass es solche Leute auch heute noch zu Hauf gibt. Nicht selten haben diese sich die Tiere bereits besorgt und fragen sich dann (erst), wie sie wohl angemessen zu halten sind! Wenn man dann noch in Rechnung stellt, dass Leute, die sich in Foren zu Wort melden, möglicherweise noch zu den "engagierteren" Zeitgenossen gehören, woran man übrigens mitunter durchaus zweifeln kann, wenn man liest, wie manche antworten, wenn die erhaltenen Ratschläge ihnen irgendwie nicht passen, dann kann es einem um die Qualität der Unterbringung von "Exoten" durchaus bange werden.
Da es meiner Ansicht nach Grund zu der Annahme gibt, dass die bislang für geschützte Tierarten geltende Meldepflicht das Leichtfertige der Beschaffung von besonderen (exotischen) Haustieren abmildert oder gar bremst, würde ich deshalb noch einen Schritt weiter gehen als die aktuelle Gesetzgebung. Ich plädiere für eine grundsätzliche Meldepflicht bei der Haltung von Terrarientieren. Wenn die Meldepflicht einen Schutzeffekt darstellt, worin ja der Sinn der Einbeziehung von gefährdeten, also besonders schutzwürdigen Arten liegt, dann sollte gerade unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes und nicht "bloß" des Artenschutzes die Ausweitung der Meldepflicht auf alle Exoten logisch sein.
Wer soll diese Meldungen dann alle bearbeiten? Wäre das nicht nur ein neues "bürokratisches Monster"?
Ich meine: Nein! Denn das entsprechende »Meldewesen« ließe sich im Zeitalter elektronischer Dateneingaben und -verarbeitung vermutlich zwanglos vereinfachen. Man würde nämlich die Hauptlast (die Dateneingabe) bei dem abladen, der auch das primäre Interesse an der Haltung von Haustieren mit besonderen Ansprüchen hat, also bei dem interessierten Bürger, sprich: dem jeweiligen Terrarianer! Wer in der Lage ist, sein Konto online zu verwalten, oder sein Hotelzimmer für die nächste Reise online zu buchen usw., was heutzutage wohl für 98% der Bürger gelten dürfte, der sollte auch in der Lage sein, einen elektronischen Meldebogen auszufüllen. Mit diesem würden dann (beliebig auswertbare) Datenbanken der Behörden "gefüttert", ohne dass für den jeweiligen Akt der Anmeldung auch nur ein einziger Angestellter der betreffenden Behörden den Finger zu krümmen bräuchte. Dies schon einmal vorab gesagt, um dem möglichen Einwand den Wind aus den Segeln zu nehmen, der Vorschlag sei durch den resultierenden bürokratischen Aufwand gar nicht zu schultern.
Dass so etwas machbar ist, haben die Australier uns schon längst vorgemacht. Dort muss jeder Halter von Terrarientieren sogar vor dem Erwerb eine Lizenz beantragen und bekommen, für die er ebenfalls einen (im dortigen Fall sogar recht umfangreichen) Meldebogen elektronisch eingeben muss. Darüber werde ich bei Gelegenheit einmal Genaueres berichten. Ein Blick über den Tellerrand kann manchmal ganz "heilsam" sein.
Was wäre der Tierschutz-Nutzen einer generellen Meldepflicht für Terrarientiere?
Wenn meine mit den Unken gemachten Erfahrungen stimmen nämlich, dass schon alleine die Meldepflicht ausreicht, um (mindestens einen Teil der) Leute davon abzuhalten, z.B. auf einer Börse einfach so im Vorbeigehen ein nicht einfach zu haltendes Haustier anzuschaffen, dann wäre damit bereits ein ernst zu nehmender Effekt für den Tierschutz gewonnen. Eine grundsätzliche Meldepflicht hätte aber über die mit wenig Aufwand mögliche Auswertung der resultierenden Datenbestände ein viel weiter reichendes Potential für den Tierschutz. Denn die Behörden könnten sich einen sehr raschen und guten Überblick verschaffen, welche Tierarten notorisch nur »verbraucht« werden, also offenbar nicht oder kaum erfolgreich nachgezüchtet werden. Deren Haltung in Privathand könnte man in einem nächsten Schritt verbieten oder ihre Haltung an besondere Voraussetzung koppeln. Solche Beschränkungen oder gar Verbote wären dann auf Daten begründet und nicht auf Mutmaßungen oder gar als Akt der Willkür zu begreifen. Das sollte die Akzeptanz etwaiger Beschränkungen verbessern.
Unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes wäre aber der wichtigste Effekt derjenige, dass über eine durch Meldepflicht entstehende Datenbank mühelos Personen identifizierbar würden, die unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes "verdächtig" wären: entweder, weil sie eine merkwürdige Vielzahl an Tieren angemeldet haben, was mindestens die Frage aufwirft, ob daheim alles mit rechten Dingen zugeht. Oder die "verdächtig" werden, weil sie immer wieder Tiere erwerben und dabei Abgänge immer nur als Verluste melden. Anstelle stichprobenartiger und dadurch bloß zufälliger Kontrollbesuche durch Mitarbeiter der Meldebehörden würde eine grundsätzliche Meldepflicht solche Halter mühelos, nämlich ohne einen Verwaltungsaufwand sowie Einsatz von Zeit und Geld, "verdächtig" erscheinen lassen. Damit würde es dann also möglich, gezielte Besuche vorzunehmen, um sich vor Ort zu vergewissern, was es mit den Haltungsbedingungen (und der Kompetenz des Halters) tatsächlich auf sich hat. Ob die jeweilige Behörde diese Nachprüfungen auch vornimmt, stünde dann ja noch auf einem anderen Blatt.
Ich habe während ca. 20 Jahren, in denen ich meldepflichtige Tiere (einheimische Unken) gehalten habe, überhaupt nur ein einziges Mal erlebt, dass man sich behördlicherseits dafür interessierte, wie ich die meldepflichtigen Tiere überhaupt hielt. Das war bei meinem Umzug nach Mecklenburg der Fall, wo ich nach der ordnungsgemäßen Anmeldung dann von der zuständigen Amtstierärztin aufgesucht wurde. Sie wollte sich, wie sie sagte, meine Terrarien »einmal anschauen«, weil ihr »das« (also die Anmeldung einheimischer Amphibien) bislang noch nicht untergekommen war. Auch wenn im konkreten Fall wohl eher die bloße Neugier hinter diesem Hausbesuch gesteckt hatte, fand ich es im Prinzip gut, dass so etwas stattfand. Aber wie gesagt: Auch die bloße Meldepflicht (ohne nachfolgende Kontrollen) ist schon viel mehr als ein bloßer bürokratischer Zirkus, denn sie hat durch die mutmaßlich abschreckende Wirkung auf Leute, die aus einer Laune heraus Tiere erwerben, bereits eine positive Schutzfunktion. Und schützenswert in diesem Sinne erscheinen mir aber auch solche Tiere, die (als Tierart!) nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen nicht besonders schutzwürdig sind. Deshalb spreche ich mich hier ausdrücklich für eine grundsätzliche Meldepflicht aus.
Die Haltung der DGHT, also der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde, der auch ich angehöre, ist in dieser ganzen Angelegenheit leider keineswegs so positiv, wie man meinen sollte. Sie bietet landauf landab ihren "Sachkundenachweis" an, der eine Art Führerschein für unser Hobby darstellen soll. Tatsächlich geht es darin lediglich um "erlerntes Wissen", das überhaupt nichts darüber besagt, wie gut ich mich mit der von mir gepflegten Tierart wirklich befasse, und wie gut ich deren Haltungsanforderungen tatsächlich erfülle. Tierschutz in der Terraristik muss sich nach meinem Verständnis primär darum kümmern, was "hinten" rauskommt, egal ob die dafür erforderliche Kompetenz durch Lernen am Modell zustande gekommen ist, also durch Abgucken, wie es erfahrene Terrarianer machen, oder durch autodiaktisches Training, also zum Beispiel durch Lektüre der heutzutage reichlich vorhandenen Literatur zur Haltung von "Exoten", oder durch gute Antworten in Foren, oder durch welche Art von Input auch immer.
Weil es der DGHT und jedem ernsthaften Terrarianer nicht nur um die Arterhaltung gehen darf, sondern auch und gerade um den Tierschutz, sollte man sich statt dessen für ein Prinzip der Kontrolle stark machen, wobei die von mir vorgeschlagene grundsätzliche Meldepflicht wie gesagt den großen Vorteil hätte, dass sie faktische Kontrollen (vor Ort) nur selektiv und durch begründeten Verdacht auslösen würde, während die Breitenwirkung der Meldepflicht darin bestünde, dass ein jeder wüsste, dass er nicht tun und lassen kann, wie es beliebt. Davon würden die Pfleglinge profitieren.