Ich habe in meinem Blog verschiedentlich angemerkt, dass ich mich auch für die Pflanzen im Terrarium begeistern kann. Letztere werden in Büchern oder Zeitschriften zur Terraristik üblicherweise nur stiefmütterlich behandelt. Leuchtende Ausnahme in dieser Hinsicht war seit dem erstmaligen Erscheinen seines »Handbuch der Terrarienkunde« der Schweizer Paul Heinrich Stettler (1922-2016), der gewissermaßen als Großmeister einer Art von Terraristik gelten kann, der es nicht ausschließlich um die bloße Tierhaltung geht, sondern bei der Terraristik gewissermaßen als ein Hobby zur Gestaltung und Kultivierung von Biotopen verstanden wird.
In seinem letzten, zu Lebzeiten geführten Interview (Elaphe 1/2012) wurde Stettler gefragt, ob er Nachfolger im Geiste und in der Praxis sehe, die das in seinem Buch dargelegte Hauptanliegen praktizieren und fortsetzen, nämlich »biogeographisch richtig besetzte, ökologisch stimmige Schauterrarien« zu betreiben. In seiner Antwort erwähnte Stettler auch den Namen Beat Akeret. Dieseer habe mit seinem »exzellenten Terrarienpflanzen-Buch« in überzeugender und »wunderbarer Weise die Idee der Einheit von Pflanzen und Tieren im naturnahen Terrarium fort(gesetzt)«.
Komplementär dazu findet man auch in der vorangestellten »Danksagung« sowie im »Geleitwort des Buchs von Beat Akeret, »Pflanzen im Terrarium«, die Bezugnahme auf P.H. Stettler als dem großen Vorbild. Akeret versucht mit seinem Buch dem Grundgedanken von Stettler ein solides Fundament zu geben, nämlich neben der Pflege von Terrarientieren auch die sie umgebenden Pflanzen angemessen im Blick zu halten und zu entwickeln.
Wer die »Terrarienkunde« von P.H. Stettler schon einmal in der Hand gehalten hat, erkennt sofort die Spuren, die das Vorbild Stettler im Buch von Akeret hinterlassen hat. Dies gilt nicht nur durch die gleichsinnige Perspektive auf die Terraristik, sondern auch ganz konkret den Aufbau des Buches betreffend. Denn ebenso wie in der »Terrarienkunde« findet sich in dem Pflanzenbuch von Akeret eine eigenwillige, aber einleuchtende Art der Gliederung. Es geht nicht wie in vielen Pflanzenbüchern nach dem Alphabet oder nach Grünpflanzen versus Blühpflanzen, sondern die Kapitel sind an klimatisch determinierten Vegetationszonen ausgerichtet. Diese werden dann in Unterkapitel für die jeweiligen Kontinente untergliedert, auf denen man diese Zonen (mit je spezifischer Botanik) antreffen kann.
Und ebenso wie Stettler für eine komprimierte Darstellung ein ausgeklügeltes System von Symbolen benutzte, findet man ein solches auch bei Akeret. Die von ihm eingeführten Symbole bringen auf engstem Raum auf den Punkt, welchen Lichtbedarf eine Pflanze hat, ihre Lebensweise (zum Beispiel Bodenpflanze oder Epiphyt), ihren Flüssigkeitsbedarf, wie (leicht) sie zu beschaffen ist und wofür sie sich eignet bzw. ob sie Besonderheiten aufweist (zum Beispiel »für Kleinterrarien geeignet« oder »anfällig für Schädlinge«).
Wer das Buch von Akeret nicht dauernd benutzt, was für die große Mehrzahl der Leser der Fall sein dürfte, hätte sich vom Verlag hier ein Legendenblatt als Lesezeichen oder eine andere Art von Einleger gewünscht. Denn angesichts der Vielzahl der Symbole ist man (wie übrigens auch bei Stettler) immer wieder am hin und her Blättern, was einzelne, eher selten vorkommende Symbole noch gemeint hatten.
Die durch Symbole komprimierte Beschreibung der Ansprüche einzelner Pflanzen erlaubt Akeret andererseits eine enorm dichte Beschreibung bzw. eine unglaubliche Vielzahl an unterschiedlichen Pflanzen vorzustellen. Dies leistet das Buch denn auch mit 1205 Abbildungen (davon ca. 95% mit den besagten Symbolen erläutert) auf 408 Seiten!
Bedenkt man die »botanische« Unbedarftheit vieler Terrarianer, hätten seine Ausführungen zur Pflege der Pflanzen, die von Akeret in Einleitungskapiteln zu den jeweiligen klimatisch-geographischen Regionen gebracht werden, allerdings noch deutlich ausführlicher sein können. Noch besser wäre es gewesen, angesichts der besagten Unbedarftheit vieler Terrarianer in Sachen Pflangen noch mehr in die Grundlagen hineinzugehen. Wer sich also, was Pflanzen anbetrifft, als Anfänger betrachtet, der wird durch das Buch von Akeret zwar enorm viel Lust auf Mehr bekommen, er oder sie wird aber vermutlich dennoch weitere Hilfen benötigen, die sich dann mehr mit dem 1x1 der Pflanzenpflege befassen. (Diesbezüglich von mir sehr zu empfehlen das umfangreiche Buch von Karlheinz Rücker: »Die Pflanzen im Haus«).
Für mich war das Buch von Akeret wegen der Vielzahl der Abbildungen eine Hilfe, die eine oder andere in meinen Behältern vorkommende Pflanze endlich bestimmt zu haben. Und ansonsten ist es mir ein schönes »Bilderbuch«, das ich immer wieder gern zur Hand nehme.
Auf den letzten Seiten findet man zudem Adressen zum Beschaffen seltener Pflanzen. Das ist insofern sehr sinnvoll und hilfreich, als viele der uns für die Terrarien interessierenden Pflanzenarten im normalen Handel gar keine Rolle spielen.
Überrascht war ich, wie unbefangen und offen der von Pflanzen so begeisterte Akeret auch das Thema »Plastikpflanzen in Terrarium« aufgreift. Das wird von ihm nämlich sachlich und differenziert hinsichtlich des Für und Wider diskutiert (und keineswegs als "das geht doch gar nicht!" abgekanzelt).
Auch wenn ich mir das Buch habe schenken lassen, hätte ich sicher nicht gezögert, die knapp 40 € für die Anschaffung auszugeben. Das Buch mag vielleicht den einen oder anderen stimulieren, die als Tierhaltung konzipierte konventionelle Terraristik in die von Stettler gedachte Komposition von Biotopen weiterzuentwickeln.