Pfeiffrösche sind sehr kleine, überwiegend nachtaktive Frösche. Sie kommen sowohl mit vielen Arten in der Karibik vor als auch auf Neuguinea und im Norden Australiens. In einem Büchlein über die Amphibien Australiens las ich (Aquater) zu den fünf oder sechs Arten von Pfeiffröschen, die dort im tropischen Norden vorkommen, dass ihre Lebensweise "elusive" (schwer fassbar) sei: Man kann sie eher hören als jemals sehen. Das fand ich eine sehr treffende Charakterisierung.
Wie ich an die Tiere kam
An meine Tiere war ich durch einen Zufall geraten. Ein Bekannter, der für das Tropenhaus eines botanischen Gartens zuständig ist, hatte mir die Pflege dieser Tiere ans Herz gelegt und mir ein halbes Dutzend davon im Tropenhaus aus Bromelientrichtern heraus gefangen. Ursprünglich waren sie dort wohl durch einen Pflanzentransport als blinde Passagiere eingeschleppt worden. Im Laufe der Jahre hatten sie sich in diesem Tropenhaus prächtig vermehrt. Tatsächlich hatte ich meinen Bekannten während des Besuches gefragt, was das für Vögel seien, die hier so lustig feifen würden - aber das waren die zahllosen Pfeifffrösche gewesen! Was mich rückblickend auch wieder wundert, denn ich war mit dem Bekannten tagsüber dort gewesen, während meine Tiere später ausschließlich ab dem späten Abend mit ihren Rufen begannen, nämlich gegen 22h (und dann nicht vor 6h am nächsten Tag aufhörten!).
Über die kleinen, unscheinbaren und in der Tat kaum sichtbaren, scheuen Frösche könnte ich eine lange Geschichte erzählen. Hier nur in Kürze die absoluten Highlights: die Tiere praktizieren eine Brutpflege dergestalt, dass das Männchen einen geeigneten Platz für das Gelege sucht, das aus ca. 15-20 transparenten, knapp erbsengroßen Eier besteht. Dieses Gelege wird dann nach der Eiablage bewacht. Seine Brutpflege beinhaltet den Schutz gegen Fressfeinde, dass die Eier nicht austrocknen, und dass sie nicht verpilzen. Wie das genau bewerkstelligt wird, ist wohl noch nicht endgültig geklärt. Aus diesen Eiern schlüpfen jedenfalls dann fertige kleine Frösche! Das heißt, eine Kaulquappenphase kommt bei diesen Fröschen gar nicht vor (sogenanntes "directbreeding"). Da ihre Eier transparent sind, kann man die winzigen Frösche sich darin entwickeln sehen - jedenfalls wenn man zufällig einmal ein solches Gelege im Terrarium entdeckt (siehe unten; Foto). Das war bei mir anlässlich einer Reinigung des Beckens der Fall. Das bewachende Männchen saß dabei übrigens bis fast zum letzten Moment, nämlich bis ich mit meiner Hand kam ihn zu greifen, neben seinem Gelege und "hielt Wache". Sehr rührend!
Die Regel ist aber, dass man vor seinem Terrarium sitzt und irgendwann die Augen aufreißt und kaum glaubt, was da Winziges vor einem in der Krautschicht unterwegs ist. Winzige, schon wie die Elterntiere gefärbte Frösche, die gerade einmal so groß sind wie der Kopf eines Streichholzes! (Foto). Tatsächlich habe ich von der "Aufzucht" dieser kleinen Frösche am meisten gehabt, denn im Unterschied zu den adulten Tieren waren die Kleinen auch tagsüber ständig aktiv. Die erwachsenen Frösche blieben dagegen streng an die Tagesrhythmik gebunden, waren also nur nachts aktiv . Von einer Aufzucht der Jungtiere kann ich deshalb nur mit Anführungszeichen sprechen, weil ich die Tiere in diesem Anfangsstadium gar nicht gefüttert habe. Ich hätte auch gar nicht gewusst, womit eigentlich! Vielmehr kam mir dabei zu Gute, dass meine Terrarien reich bepflanzt sind und einen "biologisch aktiven" Bodengrund aufweisen. Darin fanden diese Fröschchen dauernd irgendwelche winzigen Futtertiere (die ich zumindest mit bloßem Auge nicht ansatzweise hatte sehen können). Das war übrigens selbst bei den adulten Tieren immer wieder zu beobachten, dass sie nach irgendetwas schnappten und es offensichtlich auch schluckten, was so klein war, dass ich es nicht sehen konnte (vielleicht Milben?).
Von Jamie Bacon, einer Amphibienspezilistin von den Bermudas, die ich zur Identifizierung meiner Frösche im Januar 2010 kontaktierte und die sie nach Aussehen und Art des Rufens als E. johnstonei bestätigte, erfuhr ich übrigens, dass die Weibchen innerhalb der ersten drei Tage überprüfen, ob das Männchen seine Aufgabe auch wirklich übernimmt! Wenn nicht, übernehmen sie die Brutpflege selbst. Jamie war es auch, die mir sagte, was die Brufpflege konkret bezweckt und dass sie sehr wirksam ist, weil der Schlupferfolg von bewachten gegenüber verlassenen Gelegen beträchtlich größer ist.
Meine große Gruppe von etwa 45 Jungtieren nebst allen adulten Tieren ist bis auf ein Jungtier und ein adultes Weibchen später leider einer Überwinterung zum Opfer gefallen! Mein Bekannter hatte - leider zu Unrecht - gemeint, dass die Tiere eine Ruhephase bei ca. 12° überstehen würden. Sie hätten entsprechend tiefe Temperaturen anlässlich von Bauarbeiten an seinem Tropenhaus auch "problemlos" überstanden. Wahrscheinlicher ist, dass er gar nicht wusste, wie viele Tiere in seinem Tropenhaus überhaupt gelebt hatten - und wie viele diese Bauarbeiten und die niedrigen Temperatur dann nicht überlebten. Vielmehr hatte er wohl aus dem Umstand, dass einige Tieren überlebten und weiterhin zu hören und gelegentlich zu sehen waren, den falschen Schluss auf die vermeintliche Robustheit dieser Frösche gezogen.
Die einzigen Überlebenden waren bei mir jedenfalls nur jene Tiere gewesen, die ich vor meiner Abreise zu einem mehrwöchigen Auslandsaufenthalt nicht aus ihrem Terrarium hatte herausfangen können, die also nicht in den Überwinterungsbehälter gelangt waren.
Was die Haltung dieser Tiere anbetrifft: Man sollte nicht erwarten, dass man von den Tieren wirklich viel sieht. Ihre Lebensweise ist, wie eingangs erwähnt, mit Recht einmal als "elusive" (also verborgen) bezeichnet worden. Statt dessen wird man sie hören. Das ist einerseits amüsant, weil sie so ganz anders klingen, als man sich Froschquaken vorstellt. Leider ist der melodiöse Ruf, der mehr an einen Vogel denken lässt, zumindest bei meinen Tieren immer nur der erste Ruf gewesen, mit dem sie ihren abendlichen Gesang also einleiteten oder ankündigten. Von da an wurde dagegen in ziemlich monotoner Weise "gepfiffen" - und in Etagenwohnungen kann das (durch das enorme "Stehvermögen" dieser kleinen Pieper) auch schon ordentlich auf den Nerv gehen. Für große, reich bepflanzte Terrarien kann ich mir diese Art zudem als hervorragenden "Nützling" vorstellen, den man einsetzt, um seine Terrarienbotanik vor Schädlingen zu schützen. Auch da kann es allerdings bei entsprechender Ausbreitung der Tiere irgendwann zu erheblichen "Lärmproblemen" kommen.
Ideal scheint mir diese Art hingegen als "Nützling" in tropischen Wintergärten oder botanischen Tropenhäusern zu sein, wo nächtliche Pfeifkonzerte für niemanden ein Problem darstellen. Im Botanischen Garten von Basel wird das zum Beispiel so gehandhabt.
Zu den selten im Handel erscheinenden Tieren gibt es kaum Lesbares. Eine gewisse Auskunft über biologische Aspekte, aber nicht bzgl. ihrer Terrarienhaltung, gibt die amerikanische Amphibiendatenbank. Wenn man dort den Namen des Tieres eingibt, gelangt man auf eine recht informative Seite.
Den Ruf der Tiere kann man in einem youtube-Video hören, das auch durch den Botanischen Garten in Basel zur Verfügung gestellt wurde. Man sieht dort zwar ein rufendes Männchen, hören tut man allerdings viele. Das Video macht aber den recht scharfen Ton der pfeiffenden Frösche klar.
Wer Interesse hat, diese Art zu pflegen, mag sich gern an mich wenden. Ich würde dann nachfragen, ob ich meine "Bezugsquelle" an Dritte weitersagen darf. Ebenso stehe ich gern für Nachfragen zur Haltung zur Verfügung.
Zu den nachfolgenden Bildern noch eine Anmerkung: das dritte Foto zeigt ein Weibchen bei der Eiablage. Dieses Foto soll lediglich deutlich machen, wie groß die einzelnen Eier gemessen an der Größe der Tiere sind. Die abgebildete Situation selbst ist aber völlig untypisch, denn die Eier werden normalerweise nicht einfach irgendwo abgesetzt und auch die Aktivität am Tage ist ungewöhnlich. Dieses Tier lag am folgenden Tag tot im Becken!

Jungtier relativ kurz nach dem Schlupf.
Adultes Tier, das ohne die gelbe Hervorhebung im Dickicht des Terrariums nicht leicht zu entdecken wäre.
Weibliches Tier bei der Eiablage (pathologisch)
Männchen (ca. 3cm), das Gelege bewachend. In den Eiern kann man die Augen der jungen Frösche durchschimmern sehen.
Relativ frisch geschlüpftes Jungtier klettert durch Moos